Die Aushandlung unternehmerischer Verantwortung im Kontext von ComAI
Promotions-Projekt von Luisa Runge
Mit der Automatisierung von Kommunikation gehen einerseits Herausforderungen einher, die aus früheren Plattformdebatten bereits bekannt sind– etwa Fehlinformation, Urheberrechtsverletzungen oder Diskriminierung. Andererseits entstehen auch neue, da im Kontext von ComAI Verantwortungsstrukturen an Komplexität gewinnen. Inhalte werden nicht mehr ausschließlich von Nutzer:innen erstellt werden, sondern gehen aus Interaktionen zwischen Menschen und maschinellen Systemen hervor. Dies wirft drängende Fragen danach auf, wer für Risiken und Folgen im Zusammenhang mit ComAI verantwortlich sein soll. Regulatorische Rahmenwerke wie der AI Act versuchen erste rechtliche Antworten auf diese Fragen zu geben. Viele Aspekte bleiben jedoch vage und sind Gegenstand von Interpretation und Aushandlung. Frühere Debatten haben gezeigt, dass Unternehmen jenseits von rechtlicher Regulierung eine machtvolle Rolle darin einnehmen, die Grenzen von Verantwortung diskursiv zu definieren, während sie zugleich durch öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Druck zu Formen der Selbstregulierung gedrängt werden. Da ComAI ein emergentes Phänomen ist, befinden sich diese Verantwortungs-Aushandlungen derzeit in einer kritischen Phase, die prägend für zukünftige gesellschaftliche und politische Umgangsweisen sein dürfte.
Vor diesem Hintergrund untersucht diese Dissertation, wie Verantwortung im Feld von ComAI konstruiert und ausgehandelt wird mit besonderem Fokus auf unternehmerische Praktiken und deren Interaktion mit zivilgesellschaftlichen Forderungen. OpenAIs ChatGPT, Googles Gemini, Mistral AIs Le Chat und Amazons Alexa dienen als Fallbeispiele, ergänzt durch ausgewählte zivilgesellschaftliche Organisationen, die an ComAI-Debatten beteiligt sind. Konzeptionell knüpft die Arbeit an Verantwortungsdiskurse wie Corporate Social Responsibility, Plattform-Governance-Diskurse und Responsible AI an, um Verantwortung als relationales und verhandelbares Konstrukt statt als feste Norm zu fassen.
Die Analyse fragt, wie Unternehmen Verantwortung im Hinblick auf kontroverse Fragen rahmen und zuordnen: Übernehmen sie Verantwortung diskursiv oder verlagern sie diese auf Nutzer:innen oder technische Systeme? Zudem wird untersucht, welche Verantwortungserwartungen NGOs formulieren und wie Unternehmen darauf reagieren, um die Dynamik der Verantwortungsaushandlung zwischen Unternehmen und Zivilgesellschaft zu erfassen.
Methodisch kombiniert die Studie qualitative Analysen unternehmerischer öffentlicher Kommunikation (z. B. Blogposts, Pressemitteilungen), Policy-Analysen von Nutzungsbedingungen, Datenschutzrichtlinien und Guidelines, qualitative Analysen von NGO-Dokumenten sowie leitfadengestützte Interviews mit Unternehmensmitarbeiter:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft / NGOs. Dieser Multi-Methoden-Ansatz zielt darauf, zu erfassen, wie unternehmerische Verantwortungsansprüche im Zusammenspiel mit zivilgesellschaftlichen Erwartungen artikuliert, verteilt und bestritten werden.
Kontakt
Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Andreas Hepp
ZeMKI, Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung
Universität Bremen
Tel: +49 421 218-67620
Assistenz Frau Schober: +49 421 218-67603
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